Immer höher. Diese Tour soll uns in der Vulkan-Landschaft Ecuadors auf drei 4000-er, zwei 5000-er und einen 6000-er führen.
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Schweiz
St. Margrethen - Lugano
Von Lindau ging es heute bei meist sonnigem Wetter nach Österreich. Immer am Ufer des Bodensees entlang kam ich durch Bregenz. Hier bummelte ich an der schönen Seepromenade und gönnte mir einen Kaffee. Weiter durch Vororte ging es über die Brücken der Bregenzer Ach und später des Rheins. Letzterer war hier in einen Kanal gezwängt, ehe er im Bodensee mündete. Ein schöner ruhiger Radweg führte mich dann nach Rohrspitz, nahe des Rheindeltas. Hier nahm ich den ersten Zeltplatz. Es wurde herrliches Wetter am Abend. Am nächsten Morgen war ich nach paar Kilometern den Rhein entlang in der Schweiz. Von Sankt Margrethen weg ging es einen schnurgeraden Radweg am Rhein entlang zur letzten privaten Unterkunft, nach Lienz. In der herrlichen Gegend pausierte ich zwei Tage, den letzten Abend kamen noch zwei Freunde vorbei. Beim Hinüberspazieren nach Österreich, um billig einzukaufen, fand ich dann auch meinen treuen Pilgerstock 🙂.
Danach wurde es frischer in der Schweiz, zudem hatte ich einige Zeltplätze vor mir, alternative Unterkünfte waren mir zu teuer hier. Weiter am Rhein entlang, passierte der Weg Vaduz, Liechtensteins Hauptstadt. Eine schöne Kulisse, die Berge steil aufsteigend auf der anderen Seite des Flusses. In Bad Ragaz angekommen, baute ich zuerst das Zelt auf, ehe ich in der Stadt was Essbares auftrieb. Ich war der Einzige mit Zelt, vereinzelte Wohnwagen standen noch da. Nachts fror ich, wieder ein Hinweis, dass ich nicht optimal gerüstet war. Aber mein Rucksack war mit Zelt schwer genug, ich wollte jetzt keine Dinge zukaufen, erst recht nicht in der teuren Schweiz. So wurde es die nächsten beiden Campingplätze in Chur und Carerra nicht besser. Dafür entschädigte allerdings die immer schöner werdende Landschaft, es ging entlang der Grenze zu Österreich und Liechtenstein langsam in die Berge. Nebel hing in den Bäumen. Camping Carrera war völlig leer, kein Gast, kein Betreuer. Man sollte bei Abreise einfach das Geld in den Briefkasten werfen.
So stellte ich mein Zelt hin. Aber hier war nichts, kein Laden, nichts. Ich aß meine kläglichen Reste, Wasser lief zumindest in der offenen Küche. Abends kam noch ein Pärchen, welches hier im Auto übernachtete. So konnte ich noch paar Worte wechseln und bekam am nächsten Morgen sogar einen heißen Kaffee. Vor der Alpenüberquerung beschloß ich im Kloster Disentis/Muster mein Glück auf eine wärmende Unterkunft zu versuchen, um Kraft zu schöpfen. Ich hatte Glück, gegen eine Spende bekam ich Unterkunft und ein gutes Abendessen, mußte allerdings der Messe beiwohnen. Mach ich eigentlich gern, aber bei Benediktinern dauert sie so lange. Und dann noch in einer eiskalten Kirche, wo ich doch so durchgefroren war 😒. Dafür hatte ich aber ein riesiges Zimmer mit allen Pipapo für mich. Nach dem Frühstück beim Bäcker am nächsten Morgen lief ich die Straße zum Pass hoch - Lukmanierpass.
Das Hospiz da oben hatte zu, am Vorabend hatte ich telefonisch erfahren, dass es 16 km nach dem Pass in einem Ort ein Gasthaus gab. Aber dazu mußte ich erstmal hoch. Doch das Wetter spielte mit, leicht frisch, und als Sachse gibt's auch wenig Probleme Berge zu erklimmen. Letzte Bedenken gab's noch bergab wegen der Knie, aber es sollte optimal laufen. Einzig ein Tunnel kurz vorm Pass nervte, er war kilometerlang und es zog eiskalt da drin. Die Landschaft jedoch war gigantisch und der Abstieg entspannt. Nur das völlig überteuerte Zimmer in Camperio abends trübte etwas meine Laune. Zudem bin ich grad von Graubünden im Tessin gelandet, plötzlich versteht keiner mehr deutsch 🙂.
Aber ich konnte mich erstmal wieder aufwärmen, die nächsten Zeltplätze folgten ja. Leider war vorerst Schluss mit Wald-, Feld- oder Radwegen. Es ging v.a. Hauptstraßen entlang ohne Randstreifen, die Tessiner fahren schon deutlich flotter als noch vor dem Pass. Alles in allem mußte ich mich jetzt umgewöhnen mit dem Laufen, wie "Hans guck in die Luft" funktionierte nicht mehr, zu gefährlich. Es folgten die nächsten Zeltplätze. So stand mein Zelt meist mutterseelenallein, zuerst in Acquarossa, dann in Cresciano. Letzteres war ein Agriturismo, da gab es zumindest ein Gebäude zum Aufwärmen. Zudem wurde das Wetter wieder sonniger. Größere Städte wie Biasca oder Belinzona waren zu durchqueren. Und die Landschaft blieb faszinierend, große Berge links und rechts.
Weiter an der Straße lief ich zum Zeltplatz in Mezzovico Vira, dann weiter nach Lugano. Es war wunderschön am Luganer See entlangzulaufen, Massen an Touristen wurden mit Bussen angekarrt. Nach der schönen Promenade wurde die Straße am See entlang wieder gefährlich, es gab wieder keine Randstreifen. Hinter der Brücke, an einem der Ausläufer des Sees lag mein letzter Zeltplatz in der Schweiz, Monte Generoso. Dass ich auf dem ganzen Weg nur noch einmal zelten sollte, wußte ich da noch nicht, ich schleppte mein Zelt noch bis zum Ende mit. Zwischenzeitlicher Kilometerstand laut meiner Google MyTracks App: 1120 km. Ich freute mich soweit gekommen zu sein, Sonne strahlte und ich lief den Kilometer in den Ort zurück ins Ristorante zu Pizza und Bier 🙂.
Die Schweiz ist gigantisch schön, abseits bekannter Pilgerwege wie z.B. nach Einsiedeln aber schwer zu laufen. Der Wechsel von schnurgeraden Wegen im Rheintal plötzlich steile Berge hinauf und hinunter, danach viel befahrene Straßen mit wenigen Randstreifen im Tessin. War eine schöne Herausforderung.